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Und ewig rasselt die Medienmühle

11. Oktober 2007

Was ich an der ganzen Causa Herman schade finde, ist, daß die eigentlich wichtige Feststellung wieder einmal mehr im bundesdeutschen Medienmüll untergeht: es bedarf eines gesellschaftspoplitischen Sinneswandels im Miteinander der Menschen sowie in der Familien- und Sozialpoitik. Eine ganze Reihe von Themenfelder sind dabei betroffen: die Jugend-, Integrations- und die Seniorenpolitik.
In vielen Jahren der Individualgesellschaft wurden deren Nachteile deutlich zu Tage gefördert. In Umfragen erkennt man die sich häufenden Forderungen der Jugendlichen nach mehr Gemeinsamkeit und gegenseitiger Anerkennung. Das Miteinander muß wieder mehr im Mittelpunkt stehen. Wie wollen wir zukünftig insbesondere die Anforderungen einer „Gesellschaft der Alten“ meistern, wenn nicht durch ein Mehr an Miteinander. Und ohne Regelungen des Miteinanders wird auch Integration nicht gelingen.

Ich bin ausdrücklich nicht der Meinung von Frau Herman, daß Kinder alleine zusammen mit ihrer Mutter anständig aufwachsen. es wird kein Zurück von der Kinderbetreuung hin zur alten Familienstruktur geben können, das ist unrealistisch. Wohl dem ist die klassische Rollenvrteilung in Familien sicherlich noch anzutreffen. Wir leben in einer freien Gesellschaft, in der sich jedes Elternpaar aussuchen kann, wie diese Dinge gestalten möchte.
Kinder brauchen zum Aufwachsen aber in jedem Falle auch Altersgenossen, aber nicht nur. Wir brauchen weder das eine noch das Andere nur. Das ist einer der fatalen Fehler von Frau Herman – die Pauschalisierung in ihrer Argumentation.

Eva Hermans Argumentation ist von Anfang an durch diesen naiven missratenen Halbsatz entstanden, der so richtig überflüssig war. Er spricht nicht für die Überlegtheit der Autorin. Für die Debatte darum, wie man mehr Miteinander statt Individualismus in die Gesellchaft bekommt, braucht es keine Vergleiche, denn sie ist akut. Akut in der Gesellschaft debattiert und akut was den Handlungsbedarf angeht.

Die Folgen waren abzusehen

Es zeichnet unsere Gesellschaftsdebatten aus, daß sie immer an Irrelevantem hängen bleiben, über das man im Laufe der größeren Argumentation stolpert. Frau Herman wird wegen ihrer Thesen sicherlich keine Professur angetragen, aber faschistoid ist sie nun auch wieder nicht, vielleicht wäre unklug ein geeigneterer Begriff.

Es scheint, als interessiere sich bald keiner mehr für ihr Anliegen, weil das Thema bereits medial mit Mutterkreuz beerdigt wurde. Thea Dorn difamierte es gar als „Das Eva-braun-Prinzip“(taz vom 30.11.2006). Hendrik M Broder faßt in seiner TV-Kritik auf Spiegel online sehr lesenswert die derzeit laufenden Medien- und Gesellschaftsmechanismen zusammen.

Eva Hermans Bücher sprechen einige grundsätzliche Thesen an, die es zu diskutieren lohnt. Frau Herman hat dabei durchaus ihre Anhänger, wie die bejubelte Rede vor dem Forum Deutscher Katholiken beweist. Im Grunde ist es ein klassisches konservatives Thema, das nur dort nicht so öffentlich diskutiert wird. Es wäre aber an der Zeit, sich solcher gesellschaftspolitischer Themen zu stellen. So ist leider nur ein wichtiges Zukunftsthema verheizt worden, wohl mehr aus Unwissenheit und Naivität als aus Absicht.

Eines öffentlich-rechtlichen Tribunals, wie bei der Johannes B Kerner Show hätte es jedenfalls nicht bedurft. Anstatt Entschuldigungen einzufordern hätte man vielleicht die Grundthesen herausarbeiten sollen, dann hätte sich der Rest von alleine als purer Nonsen herausgestellt. Es mag so manches Krudes an den Thesen der Eva Herman sein, dennoch ist es schade.