Archive for the ‘Gesellschaft’ Category

Ein Film erklärt sehr anschaulich das liberale Bürgergeld

22. April 2009

Warum können wir uns das leisten?

8. April 2008

Eine polemische These: Wir haben einfach zu lange keinen Krieg mehr gehabt. Wir haben zu lange keine Zeit der großen Not gehabt, in der wir merken, wie abhängig wir von wirtschaftlichem Handeln sind.

Unser ganzes Leben können wir uns derzeit nur leisten. Wir können uns die Entscheidungsfreiheiten leisten, Themen wie etwa dem Umwelt-, Gesundheitsschutz oder Sozialthemen bei allen Entscheidungen großen Raum zu geben. Wir erkaufen uns diese Entscheidungsfreiheit über unseren erarbeiteten Wohlstand.

Wir sind alle im Laufe der letzten 30 Jahre schlauer geworden. Themen wie Umwelt-, Gesundheitsschutz oder etwa ein soziales Netz sind richtigerweise fester Bestandteil unseres Alltags geworden. Aber es ist die Generation der Gesättigten, die zum Teil nicht mehr arbeiten muß oder deren Einkommen weitestgehend bis zum Lebensende gesichert ist, die heute so tut, als könne man jetzt auch noch den Rest des Lebens damit ausfüllen, sich überwiegend nur noch um diese Themen zu kümmern, die doch eigentlich positive Nebeneffekte unserer momentanen Lebensumstände sind. An die Generation, die später einmal von der wirtschaftlichen Grundlage leben muß, von der redet man derzeit sehr wenig. Man fordert nur schon einmal wie selbstverständlich deren Arbeitskraft ein, um die demographische Schieflage zu meistern.

Dabei ist unsere derzeitige Situation ja nicht neu. Wir belächeln gerne historische Gesellschaften, wie etwa die der Römer, als in ihrer Endphase degeneriert. Man findet diese Art von spätentwickelter Gesellschaft häufig in der Geschichte. Es sind die Fürstentümer, Königreiche oder gar Imperien, die es nicht mehr geschafft haben, die innere Kraft dafür aufzubringen, ihre Grundfeste bis an den Rand ihrer Herrschaftsbereiche auszudehnen und zu halten. Es waren zum Teil genauso satte Gesellschaften wie unsere derzeitige. Im Prinzip befinden wir uns genau in dem gleichen degenerativen Zustand, weil wir uns nicht mehr der eigenen Grundfeste erinnern, auf der wir uns die Entscheidungsfreiheiten ermöglicht haben: auf Wohlstand.

Stattdessen beklagen wir unhaltbare Umweltzustände in Entwicklungsländern, offenbaren unser Unwissen darüber, daß man dieses Thema in diesen Ländern häufig aus rein wirtschaftlichen Gründen nicht in den Mittelpunkt stellen kann. Was die Sache noch schlimmer macht ist, daß wir uns sogar darüber beklagen, daß diese Länder als Profiteure der Globalisierung es sich nunmehr leisten können. Tun wir dies, weil wir uns davon entfremdet haben, daß Wohlstand erarbeitet werden und die Arbeit daran fester Bestandteil unseres Lebens sein muß?

fdpspeyer.de

Her Koch und die jungen Ausländer

7. Januar 2008

Ich bin mir gar nicht sicher, ob das Problem überhaupt eine kritische Masse erreicht hat, um ein wirkliches gesellschaftliches Problem dazustellen. Jugendkriminalität ist derzeit sowohl ein mediales als auch ein wahlkämpferisches Thema. Beides mag sich ergänzen. Zugleich haben wir ja das Thema Kindesvernachlässigung, über das man genauso reden könnte. Hier treffen aber dummer Weise meldungsarme Zeit und Wahlkampf unglücklich aufeinander. Zudem kennt keiner das wirkliche Zahlenverhältnis und die Basis dessen Erhebung. Was zählt zur Jugendkriminalität und was empfinden wir als gesellschaftlich belastend? Bereits den Ladendiebstahl oder fängt das erst bei der Körperverletzung an? Nimmt man das gesamte gesetzgeberische Vokabular, dann müßte man wissen, wieviele Wiederholungs- bzw. Intensivtäter es im Verhältnis zur Gesamt-Jugendkriminalität gibt.

Generell zu fragen, ob die derzeitigen juristischen Verhältnisse im Jugendstrafrecht stimmig sind, ist natürlich legitim. Hier können wir in den Maßnahmen nur von denjenigen lernen, die erfolgreicher als wir rehabilitieren, bspw. die Schweiz. Aber selbst die reden von Erfolg, wenn sie nur eine Rückfallquote von 40% haben. Die Frage müßte also in meinen Augen vielmehr lauten: mit wieviel Kriminalität müssen wir gesellschaftlich lernen, umzugehen? Würden wir optimalerweise überhaupt Jugendkriminalität fast bis zur Unspürbarkeit verdrängen können? Ich denke nicht.

Daß man langfristig Kriminalität durch soziale Maßnahmen eindämmen kann, ist selbstverständlich der Fall. Rechtzeitige Integration, Spracherwerb und individuelle Hilfestellung bei Migranten, Chancengerechtigkeit in der Ausbildung für eine wirkliche Perspektive bei Jugendlichen sind hier sicherlich die besten Erfolgsgaranten. Daran müßte gearbeitet werden, allerdings für die Zukunft, da es in der Vergangenheit unterlassen worden ist. Die derzeitige Bildungssituation macht mich auch nicht hoffnungsfroher, da statt individueller Förderung eher die Gleichmacherei beschworen wird. Daraus ist bislang ja schon nichts geworden, warum also zukünftig?

Unser gesellschaftliches und auch politisches Problem ist, daß sich mit diesem Thema, wie auch mit der Bildung, niemand so recht detailliert befassen möchte. Es wurde niemals ein Meta-Bildungsziel definiert, genausowenig ein übergeordnetes Integrationsziel. Wenn unser Ziel bspw. wäre: jedem Menschen eine individuell gerechte Chance auf eine selbstbestimmte Zukunft, dann wären wir bald an einem anderen Punkt als heute.

Sind Stolpersteine eine würdige Gedenkform?

25. November 2007

Der Vorschlag, in der Speyrer Innenstadt sogenannte Stolpersteine zum Gedenken an die Verfolgten der Naziherrschaft einzurichten, ist vom Stadtrat mehrheitlich abgelehnt worden. Das ist aus Sicht der FDP auch völlig in Ordnung. Die SPD hatte sich hier offenkundig zu sehr in eine konkrete Lösung, weniger auf die inhaltliche Botschaft festgelegt. Die Einwände, die es etwa von Seiten der Kultusgemeinde im Vorfeld gegeben hatte, sind nicht so einfach von der Hand zu weisen. Kleine Gedenksteine, versenkt in der Starße und versehen mit den Namen der Opfer, erzeugen noch keinen Ort des Gedenkens, wenn sie auch zugegebenermaßen eine größere Gedenkkraft besitzen, als monumentale Stelenfelder.

Pflastersteine haben nun einmal die Eigenschaft, daß man auf sie tritt. Das ewige Wortspiel der Befürworter, man würde ja über sie stolpern und so ins Gedenken gezogen, bleibt leider ein Herumreiten auf dem Wortspiel. Keine mir bekannten Stolpersteine stehen so weit hervor und sind eher versteckt und mit der Zeit verdreckt im Straßengrau zu suchen.

Es stellt sich auch die Frage, ob man nicht neue Wege im Umgang mit der Vergangenheit beschreiten sollte. Gedenkmöglichkeiten gibt es bislang viele und dennoch ist das rechtsradikale Lager in der politischen Landschaft leider noch groß. Gedenken ist gut, solange es auch eine Anleitung für die Zukunft darstellt. Aus Vergangenem muß gelernt werden, nur dann entfaltet Gedenken seinen größeren Sinn. Wir müssen in die Zukunft schauen. Wir müssen aus den Fehlern der Vergangenheit Handlungsmuster für die Zukunft knüpfen. Heute verlangen wir von jedem, daß er für Demokratie einsteht und sich dem lauten Geschrei von Rechts entgegenstellt. Wir brauchen eine Repolitisierung der Gesellschaft, um den einfachen Rezepten des rechten Randes Widerstand zu leisten.

Der Vorschlag der FDP war daher, auch derjenigen zu Gedenken, die aktiven Widerstand in der Naziherrschaft ausübten, die Verfolgten halfen, sie versteckten oder gar retteten. Wir brauchen diese positiven Beispiele als Handlungsmuster von heute. Wir müssen zudem Verständnis wecken, indem wir mehr Begegnungen zwischen den Religionen bei uns vor Ort initiieren. Wir müssen dem jüdischen Leben in Speyer wieder eine Zukunftsperspektive geben und aktiv darauf hinwirken, daß bspw. die Synagoge am Guido-Stiftsplatz möglichst bald eröffnet werden kann. Das sind unsere Vorstellungen von aktivem Gedenken, nicht ein weiterer passiver Gedenkort.

Migration – Religion – Integration

24. Oktober 2007

Das auf sozialwissenschaftliche Forschung spezialisierte Marktforschungsunternehmen Sinus Sociovision hat in seiner neusten Untersuchung qualitativ-psychologische Studie zu den Lebenswelten von Menschen mit Migrationshintergrund in Deutschland durchgeführt (hier als pdf herunterladen). Deren Ziel war es, die Alltagswelt von Migranten, ihre Wertorientierungen, Lebensziele, Wünsche und Zukunftserwartungen besser kennen zu lernen.

Das Ergebnis der Studie widerlegt viele negative Klischees über Einwanderer und unterstreicht, daß diemeisten Migranten um Integration bemüht sind. Auch spielt der Einfluß der Religion seltener eine großte Rolle als landläufig angenommen. Die Familien lebten zwar oft zurückgezogen und man könne eine gewisse Spaßlosigkeit konstatieren. Alles werde sehr ernst genommen und es gebe ein strenges Korsett, wonach die Heimatkultur, die Zugehörigkeit zu dieser sowie die zum Teil strenge Hierarchie innerhalb der Familien im Vordergrund stünde.

Eine besonderen Hang zur Religiösität könne jedoch nicht konstatiert werden, vor allem nicht bei den jüngeren Migranten. Je älter diese würden, desto stärker würden sie sich, zum Teil auch aus Enttäuschung über das harte Leben in der Immigration, ins Religiöse zurückziehen.

Vor allem die jüngeren Migranten der zweiten und dritten Generation verstehen ihren Migrationshintergrund und die Mehrsprachigkeit als Bereicherung für die Gesellschaft. Hier ist aber natürlich auch wichtig, daß sie mit ihren Fähigkeiten in die hiesige Gesellschaft akzeptiert und aufgenommen werden. Integration, auch das zeigt die Studie, ist in diesem Falle abhängig vom Bildungsgrad. Je höher der Bildungsstand des Migranten, desto leichter fällt die Integration. Ein wichtiges Moment hierbei wird der Spracherwerb sein, der Integration erleichtert. Aber auch Offenheit gegenüber der fremden Kultur und Interesse an der Umwelt gehören zu diesem Aspekt. Die Studie zeigt: Integration kann, anders als vielfach in schwarzen Farben ausgemalt, durchaus gelingen.