Die Hauptschulausbildung bietet heute keine Perspektive mehr für ihre Absolventen.
Es war ein schleichender Prozeß seit dem Ende der 80er Jahre, als Firmen für ihre Lehrplätze nur noch Abiturienten einstellten. Die Anforderungen an die Lehrlinge sind dann in den 90er Jahren mit technologischen Entwicklung weiter angestiegen. Die Ausbildungsinhalte und vielfältige gesellschaftliche Veränderungen sind in der gleichen Zeit aber eher gegenläufig gewesen. Die heutige Situation ist die, daß Hauptschüler mit der ersten Unterrichtsstunde in diesem Schulzweig bereits gesellschaftlich verloren haben. Diese Gesellschaft kann Hauptschülern keine wirkliche Zukunftsperspektive mehr bieten.
Die Folge ist, daß immer mehr Eltern, trotz anderslautender Empfehlungen, ihre Kinder in die Realschule schicken, oder gar ins Gymnasium, wo sie in der Regel völlig überfordert sind. Aber die Eltern sehen in diesem Schritt den einzigen Weg, Ihren Kindern von der Ausbildung her eine Zukunft zu geben.
Die Verteilung eines Schülerjahrgangs auf die unterschiedlichen Schulformen ist in arge Schieflage geraten. Die Qualität des Unterrichts und der individuellen Förderung der Schüler leidet darunter sehr. Man muß bedenken, daß es einmal normal war, daß 40% eines Schülerjahrgangs die Hauptschule besuchten. Deren Absolventen kamen in der Regel auch im Arbeitsmarkt unter. Heute ist dies mit den gestiegenen Qualifikationsanforderungen in den Berufen nicht mehr der Fall. Die Hauptschule bildet inhaltlich am Bedarf vorbei aus. Die Vermittlung der Inhalte wird zudem durch die immensen integrative Anforderungen an die Schule gestört. Hier müssen neue Wege und Lösungen gefunden werden.
Die SPD ist bestrebt, dem Mißstand in der hauptschulischen Ausbildung dadurch zu begegenen, indem die Einheitsschule bzw. die Integrierte Gesamtschule gefördert wird. Kurt Beck entzieht sich diesem heiklen Thema vordergründig, indem er offiziell vorgibt, keine weiteren IGS gründen zu wollen. Seine Bildungsministerin jedoch animiert offen Lehrer- und Elternverbände dazu, die IGS in ihren jeweiligen Orten zu fordern, damit die Regierung hier „helfend aktiv“ werden könne.
Gegen dieses Vorgehen ist der Großteil der Elternschaft. Insbesondere die Eltern der Realschüler und der Gymnasiasten befürchten zurecht eine Verschlechterung ihrer Ausbildung durch die Einführung der IGS.
Wir stehen einem inhaltichen Problem gegenüber: die Hauptschule erfüllt nicht mehr den ausbilderischen Zweck, ihre Schüler für den Arbeitsmarkt fit zu machen. Es müssen also neue inhaltliche Konzepte her, die Hauptschule fit zu machen für die heutigen Anforderungen. Eine Vermischung der Hauptschüler mit denen der anderen Schulzweige verdeckt das Problem, löst aber nicht die Aufgabe!
Anstatt also das x-te ideologische Experiement in der Bildungspolitik zu starten und dabei noch alte Hüte wie die IGS hervorzuzaubern, ist es notwendig, den Hauptschülern selber zu helfen. Das heißt, die Lerninhalte und die Förderung insbesondere im integrativen Bereich – nicht nur für Migrantenkinder – in diesen Schulen völlig neu zu konzipieren, um den Schülern eine Perspektive zu bieten. Die Einheitsschule hilft hier keinen Schritt weiter.